Transgender in den Wechseljahren: Was du darüber wissen musst

Identifizierst du dich mit jenem Geschlecht, das dir bei der Geburt zugewiesen wurde, bist du cis*. Als cis* Frau kann ab Anfang 40 die hormonelle Umstellung der Wechseljahre beginnen. Doch auch als trans* oder non-binary* Person kannst du in die Wechseljahre kommen. 

Neben klassischen Problemen wie Schlaflosigkeit oder Gelenkschmerzen, belasten dich in dieser Zeit zusätzlich womöglich Gender-Dysphorie oder Body-Dysmorphie. Trans* Frauen können durch jahrelange Hormontherapie außerdem die gleichen Wechseljahressymptome wie cis* Frauen verspüren. 

Wir von eve&i möchten dich in diesem Artikel über spezifische Herausforderungen von trans* und nicht-binären* Personen in den Wechseljahren informieren und dir Unterstützungsmöglichkeiten – unter anderem aus dem Bereich Gender-Affirming-Healthcare – vorstellen. Denn alle Menschen haben es unabhängig von ihrer Geschlechtsidentität verdient, im Wechsel die richtige medizinische Behandlung zu bekommen. 

Wechseljahre: Unterschiede bei trans* und non-binary* Personen

Wie du die Wechseljahre (auch genannt: Klimakterium) im Detail durchlebst, hängt stark von deiner individuellen Situation ab. Relevant sind hierbei dein biologisches Geschlecht (“sex”) und deine persönliche Gesundheitsgeschichte inklusive etwaiger Hormontherapien oder geschlechtsangleichender Operationen. Dein soziales Geschlecht (“gender”) nimmt zusätzlich Einfluss auf deine Psyche. 

Trans* Männer ohne geschlechtsangleichende Operation

Wurde dir bei der Geburt das weibliche Geschlecht zugewiesen, obwohl du eigentlich ein Mann bist? In diesem Fall kann es sein, dass du dich aufgrund verschiedener Umstände gegen eine körperliche oder hormonelle Geschlechtsangleichung entschieden hast. 

Dann unterscheiden sich die Wechseljahre mit all ihren Symptomen nicht von jenen einer cis* Frau. Dein Körper befindet sich im Übergang von der reproduktiven in die nicht-reproduktive Phase und hat mit Schwankungen in der Hormonkonzentration von Östrogen, Testosteron und Progesteron zu kämpfen. Leider können bei dir zusätzlich in erster Linie psychisch bedingte Erkrankungen wie Depressionen, Gender-Dysphorie oder Body-Dysmorphie auftreten. 

Trans* Männer mit geschlechtsangleichender Operation

Um das tatsächliches Geschlecht anzugleichen, wird bei trans* Männern häufig eine totale Hysterektomie (Gebärmutter- und Eierstockentfernung) durchgeführt. Nach der Durchführung der Operation befindest du dich unabhängig von deinem Alter in der Menopause. 

Da sich dein Körper durch den chirurgischen Eingriff nicht darauf vorbereiten konnte, können durch die große hormonelle Veränderung im Vergleich zu cis* Frauen stärkere Wechseljahressymptome entstehen. Es kann sein, dass du in dieser Zeit – wie auch trans* Personen ohne Geschlechtsangleichung – unter psychisch bedingten Symptomen leidest. 

Trans* Frauen 

Trans* Frauen wurden ohne Uterus und Eierstöcke geboren. Weshalb sie dennoch Wechseljahressymptome erleben können? Die Antwort darauf liegt in der Hormontherapie.

Diese soll dafür sorgen, dass dein Körper sich an dein tatsächliches Geschlecht angleicht und auch für Außenstehende weiblich gelesen werden kann. Der Eingriff in deinen Hormonhaushalt zieht aber in einigen Fällen Nebenwirkungen nach sich. Die Symptome davon können jenen von cis* Frauen in den Wechseljahren ähneln und umfassen beispielsweise depressive Verstimmungen, Gewichtszunahme oder Müdigkeit. Hast du dich gegen eine geschlechtsangleichende Hormontherapie (GAHT) entschieden und lebst ohne die Einnahme von Hormonen als trans* Frau? Dann gibt es eine andere Ursache für vermeintliche Wechseljahresanzeichen wie Herzrasen oder Hitzewallungen.

Non-binary* Personen

Nicht-binäre* Menschen fühlen sich weder klar als Mann noch als Frau. Dennoch können auch Non-Binary* sich als trans* Menschen identifizieren. Inwiefern du als nicht-binäre* Person in die Wechseljahre kommen kannst, bestimmen dein bei der Geburt zugewiesenes Geschlecht (“sex”) und die medizinischen Maßnahmen, die du bisher ergriffen hast. Wie bei Transgender können Hormontherapien und geschlechtsangleichende Operationen bei dir zu Wechseljahressymptomen führen.

Gender-Dysphorie: Warum sie im Wechsel eine Rolle spielen kann

Gender-Dysphorie oder Geschlechtsinkongruenz beschreibt den inneren Widerspruch zwischen dem angeborenen Geschlecht und der eigentlichen Geschlechtsidentität. Das kann bei Betroffenen beispielsweise Angstzustände oder Depressionen auslösen. Bitte lies jetzt nur weiter, wenn du dich in einem guten mentalen Zustand befindest. Es folgt eine Beschreibung möglicher Gefühle von trans* und nicht-binären* Personen im Klimakterium. 

Die Wechseljahre können Gender-Dysphorie bei trans* und nicht-binären* Menschen triggern oder verstärken – und zwar auch dann, wenn diese eigentlich ausbleiben. Trans* Männer oder Non-Binary* können psychische Belastung verspüren, weil sie sich im Wechsel befinden und die körperlichen Symptome einer biologischen Frau durchmachen. Dagegen können sich manche trans* Frauen oder nicht-binäre* Personen durch das Ausbleiben eben dieser Anzeichen nicht vollständig als Frau fühlen. 

Body-Dysmorphie im Klimakterium

Body-Dysmorphie – im Deutschen auch als Körper-Dysmorphie bekannt – wird als Begriff häufig synonym zu Gender-Dysphorie verwendet. Tatsächlich beschreiben die beiden Erkrankungen unterschiedliche Dinge, treten jedoch oft gleichzeitig auf. Lies auch jetzt nur weiter, wenn es dir gut geht und du mit der Beschreibung möglicher Auswirkungen und Symptome nicht getriggert wirst. 

Von Körper-Dysmorphie betroffene Menschen denken, dass ihr ganzer Körper oder einzelne Körperteile nicht “normal” seien. Hass auf die persönliche Erscheinung ist der Normalzustand. Während das eigene Körperbild für trans* und nicht-binäre* Personen sowieso äußerst problematisch sein kann, weisen mehrere Studien darauf hin, dass eine Korrelation zwischen Wechseljahressymptomen und einer negativen Körperwahrnehmung vorliegt. 

Leider ist die Forschungslage zu Body-Dysmorphie bei Transgender* und Non-Binary* im Klimakterium sehr dürftig, sodass sich diese Daten nur auf cis* Frauen beziehen. Man kann also nur spekulieren, ob die psychische Belastung mit möglichen Auswirkungen wie Panikattacken bei trans* und nicht-binären* Personen noch höher sein könnte.

Gender-Affirming-Healthcare: Unterstützung für trans* Personen in den Wechseljahren

Die passende Hilfe für trans* und nicht-binäre* Menschen in den Wechseljahren zu finden, ist nicht leicht. Denn auch heute noch wird Gender-Affirming-Healthcare oft vernachlässigt. Was dir als Betroffene*r in den Wechseljahren helfen könnte:

    • Sensibilisierte Mediziner*innen und Psycholog*innen: Vielleicht hast du selbst schon Erfahrung mit Mediziner*innen gemacht, die sich mit deinen Bedürfnissen nicht gut genug auskennen. Spezialisierte und sensibilisierte Gesundheitsdienstleister*innen findest du online beispielsweise bei Trans*DB.
    • Hormontherapie: Sehr starke Wechseljahressymptome können mit der Dosierung der Hormontherapie zu tun haben. Kontaktiere deine Arzt, Ärztin oder Arztperson, um ggf. Anpassungen daran vorzunehmen. 
    • Geschlechtsangleichende Operation: Sofern bei dir noch keine geschlechtsangleichende OP mit einer Entfernung der Gebärmutter und der Eierstöcke durchgeführt wurde, können dich Chirurg*innen diesbezüglich beraten und etwaige Risiken mit dir klären. Die OP ist aber natürlich absolut keine Pflicht und sollte wohlüberlegt sein.
  • Psychologische Hilfe: Psychische (und teils auch körperliche) Beschwerden können im Zuge einer Psychotherapie gelindert werden. Verständnisvolle Therapeut*innen mit einer Zusatzausbildung für die Betreuung von trans* oder non-binary* Personen können mit dir zusammen mögliche Verhaltensänderungen erarbeiten.
  • LGBTQIA*-Community: Du bist in den Wechseljahren nicht allein. Teilen deiner Community geht es genauso wie dir! Der Austausch mit anderen Betroffenen kann dabei helfen, die eigenen Probleme besser beurteilen und einordnen zu können.  
  • Klassische Methoden: Je nachdem, wie stark deine (körperlichen) Symptome sind, kannst du auf klassische Behandlungsmethoden wie die Hormonersatztherapie, Akupunktur oder die Einnahme von pflanzlichen Präparaten zurückgreifen.

Wir hoffen, du findest die passende Lösung, um auch in schwierigen Phasen wie den Wechseljahren stark zu bleiben. Dieser Artikel wird regelmäßig an die aktuelle Forschungslage angepasst. 

Du bist trans* oder nicht-binär*, hast die Wechseljahre bereits hinter dir oder befindest dich mittendrin? Wir würden uns freuen, deine Geschichte zu hören! Kontaktiere uns unter [email protected] und hilf uns dabei, diesen Artikel für dich und andere noch besser zu machen.